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Trans* Awareness Week & Trans* Day of Remembrance

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Aufruf (kurze Version, Lesezeit 2min.):

Eine längere Version findest du unten (Lesezeit 8min.).

CN: Mord, Suizid, Trans*feindlichkeit, Rassismus

Am 20. November ist Trans* Day of Remembrance. Gemeinsam werden wir an diesem Montag unseren ermordeten und in den Suizid getriebenen trans* Geschwistern gedenken.

Wir wissen von 363 trans* Personen, die in den letzten 12 Monaten ums Leben gekommen sind. Viele wurden ermordet. Viele sahen keinen anderen Ausweg mehr, als ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen.

Und da noch immer trans*feindliche Gewalt statistisch kaum erfasst wird, müssen wir davon ausgehen, dass die 363 Toten, von denen wir weltweit wissen, nur die Spitze des Eisbergs sind.

Das ist eine traurige, schmerzliche, grausame Erinnerung daran, dass Trans*feindlichkeit noch immer gesellschaftliche Normalität ist.

Wir wollen ihnen gedenken. Das bedeutet auch einen Auftrag an uns alle: Erinnern heißt Verändern. Es ist wichtig, ihr Andenken zu ehren. Und es bedeutet für uns, dass wir die Bedingung für die Lebenden verändern müssen.

Queer- und insbesondere Trans*feindlichkeit erstarken momentan gesamtgesellschaftlich. Das zeigt sich beispielsweise am aktuellen Entwurf für das Scheißbestimmungsgesetz. Statt echter Selbstbestimmung gibt es trans*feindliche und trans*misogyne Narrative, Repression und Rassismus. Und das kommt nicht aus dem Nichts. Diese Entwicklung wird durch einen rechten Kulturkampf befeuert. In dessen Narrativen stehen besonders trans* Menschen im Fokus. Ihre Existenz wird als Bedrohung imaginiert und als Feind markiert. Durch diese Falscherzählungen werden Morde an unseren trans* Geschwistern ideologisch ermöglicht.

Wir fordern: Weg mit der Bevormundung und Pathologisierung im Gesundheitssystem! Angemessene medizinische Versorgung für trans* Personen ist Suizidprävention. Diese nicht zu schaffen, heißt für mehr Suizide zu sorgen!

Wir begehen diesen Trans* Day of Remembrance in Deutschland. Trans*feindlichkeit ist aber global am Erstarken. Wir verstehen uns in unseren Kämpfen verbunden mit unseren trans* Geschwistern auf der ganzen Welt. Und das bedeutet, dass wir ihre Kämpfe gegen Rassismus, Antisemitismus, Ausbeutung, Ausgrenzung, Gewalt, Folter und Mord auch zu unseren machen müssen. No one is free, until all of us are.

In diesem Sinne, lasst uns am 20.11. gemeinsam erinnern. Gemeinsam trauern. Gemeinsam wütend werden. Kämpfen für eine bessere Zukunft. Für uns, und für all unsere trans* Geschwister. Für eine Welt ohne Trans*feindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Sexismus, rassistische und patriarchale Gewalt! Für ein gutes Leben, ohne Angst, überall und für alle!

 

Aufruf (lange Version, Lesezeit 7min.):

CN: Mord, Suizid, Trans*feindlichkeit, Rassismus

Am 20. November ist Trans* Day of Remembrance. Gemeinsam werden wir an diesem Montag unseren ermordeten und in den Suizid getriebenen trans* Geschwistern gedenken.

Wir wissen von 363 trans* Personen, die in den letzten 12 Monaten ums Leben gekommen sind. Viele wurden ermordet. Viele sahen keinen anderen Ausweg mehr, als ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen.

Und da noch immer trans*feindliche Gewalt statistisch kaum erfasst wird, müssen wir davon ausgehen, dass die 363 Toten, von denen wir weltweit wissen, nur die Spitze des Eisbergs sind.

Das ist eine traurige, schmerzliche, grausame Erinnerung daran, dass Trans*feindlichkeit noch immer gesellschaftliche Normalität ist.

Wir wollen ihnen gedenken. Das bedeutet auch einen Auftrag an uns alle: Erinnern heißt Verändern. Es ist wichtig, ihr Andenken zu ehren. Und es bedeutet für uns, dass wir die Bedingungen für die Lebenden verändern müssen.

Und da gibt es viel zu tun. Schauen wir zunächst auf Deutschland: Queer- und insbesondere Trans*feindlichkeit erstarken momentan gesamtgesellschaftlich. Das zeigt sich beispielsweise am aktuellen Entwurf für das Scheißbestimmungsgesetz. Statt echter Selbstbestimmung gibt es trans*feindliche und trans*misogyne Narrative, Repression und Rassismus. Und das kommt nicht aus dem Nichts. Diese Entwicklung wird durch einen rechten Kulturkampf befeuert. In dessen Narrativen stehen besonders trans* Menschen im Fokus. Ihre Existenz wird als Bedrohung imaginiert und als Feind markiert. Durch diese Falscherzählungen werden Morde an unseren trans* Geschwistern ideologisch ermöglicht.

Trans*feindlichkeit verschränkt sich in fast allen Morden mit rassistischer, sexistischer und klassistischer Gewalt. Das zeigt sich daran, dass überwiegend trans* Frauen ermordet wurden – vor allem trans* women of color. Besonders groß ist die Gefahr auch für trans* Sexarbeiter*innen und wohnunglose trans* Personen. Und wir wissen, wie gesellschaftliche Erzählungen und Wahrnehmungen funktionieren. Je stärker marginalisiert Ermordete und Angegriffene sind, desto weniger werden sie wahrgenommen. Das bedeutet: Die allermeisten der Menschen, denen wir gedenken, bleiben für die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung unsichtbar. Und je weniger sie wahrgenommen werden, desto weniger wird in ihrem Sinne verändert. Dagegen wollen wir gemeinsam angehen!

Die große Zahl an Suiziden erklärt sich zum Einen mit der allgemeinen Gesundheitsversorgung in Bezug auf mentale Gesundheit. Noch immer werden, auch und gerade in Deutschland, so viele Menschen mit ihren Kämpfen und den Auswirkungen tagtäglich erlebter Anfeindungen allein gelassen. Wie allein, wissen alle, die selber schon seit Monaten auf Wartelisten für Therapieplätze stehen. Aber es geht um mehr: Allgemein ist die medizinische Versorgung für trans* Personen in einem entsetzlichen Zustand. Bevor medizinisch notwendige Maßnahmen – bspw. Hormonersatztherapien oder geschlechtsangleichende OPs, also medizinische Versorgung, die Dysphorie lindern kann – bevor solche Maßnahmen stattfinden können, müssen sich Betroffene durch ein Dickicht an Formularen, Indikationsschreiben, sinnlosen und entwürdigenden Untersuchungen, Bevormundungen und Pathologisierungen schlagen. Dabei zeigen alle ernstzunehmenden Studien und Metastudien: Das medizinische Gatekeeping, organisiert von Gesundheitssystem und Krankenkassen, ist ein zentraler Faktor für die überdurchschnittlich hohe psychische Belastung von trans* Personen. Dabei ist die regret rate, also die Anzahl der Menschen, die im Nachhinein medizinische Eingriffe bedauern, extrem gering und wird durch all diese externen Begutachtungen nicht beeinflusst. Das einzig zentrale Kriterium für eine Verringerung ist dagegen die Selbstaussage betroffener Personen. Und selbst jetzt liegt die regret rate bei unter 1%. Was das heißt, zeigt ein Vergleich: Der Anteil an Menschen, die eine Hüft-OP im Nachhinein bereuen, liegt 50 Mal höher. Und, nicht zu vergessen: Vergleichbare Anwendungen von Hormonen und operationellen Eingriffen werden bei cis Personen desselben Geschlechts als Kassenleistung regelmäßig vorgenommen – sind zum Großteil ja auch für sie entwickelt – während trans* Personen sich dafür durch unzählige Hürden kämpfen müssen – nur damit die Genehmigung und Übernahme vom MDK abgelehnt werden kann.

Kurz gesagt: Weg mit der Bevormundung und Pathologisierung im Gesundheitssystem! Angemessene medizinische Versorgung für trans* Personen ist Suizidprävention. Diese nicht zu schaffen, heißt für mehr Suizide zu sorgen!

Mit diesem Blick auf Institutionen darf aber nicht der Blick auf die gesellschaftlichen Zustände, aus denen diese hervorgehen, fehlen.

Mobbing, psychische und physische Gewalt, die alltägliche Normalität trans*feindlicher Anfeindungen und Angriffe sind eine weitere Dimension. Auch so werden trans* Personen aus dem Leben gedrängt. Das zeigt etwa eine umfassende Metastudie, die für trans* Jugendliche ein fast 6 Mal so hohes Suizidrisiko im Vergleich zu nicht-queeren Teenagern belegt.

Dazu kommt die materielle Realität. Als Folge der grassierenden Trans*feindlichkeit sind trans* Personen überdurchschnittlich arm und bspw. häufiger von Wohnungslosigkeit betroffen. Gleichzeitig fehlen gerade für trans* Personen häufig Anbindungen und Unterstützungen – ebenfalls Folge von Trans*feindlichkeit. Das ist eine brutale Mischung: Gewalt, Ausgrenzung, Entmündigung und ganz, ganz wenig Unterstützung.

Das bedeutet auch, dass wir uns für trans* Geflüchtete besonders einsetzen müssen. Zum Einen muss deren Trans*sein an sich sowie als Verfolgungsgrund anerkannt werden. Und ihnen muss besonderer Schutz zuteil werden, bspw. durch dezentrale, sichere Unterbringungen statt Gemeinschaftsunterkünfte. Dieses Zusammenpferchen muss ohnehin insgesamt weg, genauso wie der oft kaum verhohlene Rassismus dahinter.

Wir begehen diesen Trans* Day of Remembrance in Deutschland. Trans*feindlichkeit ist aber global am Erstarken. Wir verstehen uns in unseren Kämpfen verbunden mit unseren trans* Geschwistern auf der ganzen Welt. Und das bedeutet, dass wir ihre Kämpfe gegen Rassismus, Antisemitismus, Ausbeutung, Ausgrenzung, Gewalt, Folter und Mord auch zu unseren machen müssen. No one is free, until all of us are.

In diesem Sinne, lasst uns am 20.11. gemeinsam erinnern. Gemeinsam trauern. Gemeinsam wütend werden. Kämpfen für eine bessere Zukunft. Für uns, und für all unsere trans* Geschwister. Für eine Welt ohne Trans*feindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Sexismus, rassistische und patriarchale Gewalt! Für ein gutes Leben, ohne Angst, überall und für alle!